Die Künstlerin Liana Axinte

Luditer vel Crudeliter


Selten ist es mir vergönnt worden, beim Betreten einer Ausstellung, so
bezaubert zu sein, vom ersten Augenblick an und völlig, wie beim Eintreten in
die Marionettenausstellung von Liana Axinte.


Die Wirkung erfolgt fast augenblicklich, und die erobernde Kraft der
Marionetten erringt einen leichten, bedingungslosen Sieg. Ich muß gleich
verdeutlichen, dass ich das Wort „bezaubert“ nicht in seinem üblichen Sinne
verwende, sondern in seiner alten, volkstümlichen Bedeutung, in der es dem
"verzaubern" gleich steht mit Zauberei...


Und dies, weil Liana Axintes Gestalten nicht im Entferntesten zart oder lieblich,
oder reizend oder einfach schön sich erweisen, dass sie entworfen und
geschaffen worden sind mit dem seltensten Sinn des Greuls und der
Erbarmungslosigkeit, mit einem heißen und mitleidlosen Realismus...


Es weht durch all‘ diesen Geschöpfen, die direkt auf den Boden stehen
(eine findige Idee mit hervorragendem Regieeffekt) und die, die ihre Fäden auf
ihren lenkbaren Puppenköpfen tragen (wie auch so viele Schicksale ihre
unheile Siegel; spottbillige, inquisitorische Helme aus Papier und Schwefel
besprüht, unerbittlich behext) – es weht ein Hauch von spannendem Spiel...


Es gibt künstlerische Stile, die sich mannigfaltige Fachgebiete festlegen:
lebhaft, streng, kritisch, mildherzig und so weiter. Man kann aber auch eine so
genannte totale Kunst schaffen, Sie fasst gleichzeitig die Gutmütigkeit und
Eiterungen, ist simultan ironisch und voller Gnade, glänzend intelligent und
unbeschreiblich zahm; Robust wie Balzac und Rodin, edel wie Baudelaire und
Klee, berühmt wie Dickens, entsetzlich wie Dante und Dostojewki, nicht weniger
spielerisch als eine Farce, eine Maskerade. Sie war wahrscheinlich Hugo von
Hofmannsthals Wegweiser für „Jedermann“, mittelalterliches Mysterium von
einem modernen Geist gedacht, ein langlebiges Psychodrama
in Epochengewand. Zu ihm haben mich die ulkigen und unbändigen Träume
meines Geistes – Liebhaber der Anhaltspunkte – geführt, während ich Liana
Axintes Ausstellung verließ.
Nicolae Steinhard – Rumänischer Schriftsteller und Philosoph – "In erster Person Kritik"